Schwarz auf Weiß
"Schwarz auf Weiß"
Die ersten Fotos aus dem befreiten KZ Buchenwald
Ausstellung des KULTURELLEN FORUMS in Zusammenarbeit mit dem Konrad-Adenauer-Gymnasium
Laufzeit: 03.02.2007 - 25.03.2007
Die Ausstellung, die von der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora konzipiert und erstellt wurde, zeigt über 70 Fotografien, die Angehörige des US-Signal Corps, ehemalige Häftlinge, Journalisten und andere Zeitzeugen im April 1945 in Buchenwald aufgenommen haben. Die Fotos wurden teilweise weltbekannt und prägten unsere Vorstellung von nationalsozialistischen Konzentrationslagern.
Ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Vorträgen, Lesungen, Konzerten, Filmen, Führungen und Seminaren begleitet die Ausstellung. Mehrere städtische sowie regionale Institutionen sind darin eingebunden.
| Foto 1: Walter Chichersky, 166th Signal Photo Company, 16. April 1945 Originalkommentar zum Foto (übersetzt): "Finster blickende Nazi-Zivilisten werden von der Militärpolizei der 3. US-Armee aufgestellt, um die Beweislast der Gräueltaten im Lager Buchenwald bei Weimar zu bezeugen." |
| Foto 2: Walter Chichersky, 166th Signal Photo Company, 14. April 1945 Originalkommentar zum Foto (übersetzt): "Foto einer Baracke im Straflager Weimar, Deutschland, zeigt die beengten Lebensverhältnisse der Häftlinge. Der Bau, wo normalerweise 50 Menschen wohnen könnten, war mit 350 belegt." Der nüchterne, analysierende Kommentar verrät nicht viel über das Foto, das offensichtlich im Gefühl der ersten Begegnung von befreiten Häftlingen und Armeefotografen entsteht. Es zeigt Insassen des Lagers, die noch in der Lage sind, ihrer Freude Ausdruck zu geben, und weicht auch sonst von anderen Fotos des Signal Corps ab. Mitten unter die Befreiten hat sich ein Kameramann der 166th Signal Photo Company gemischt. |
Bis zum 11. April 1945, dem Tag als das KZ Buchenwald befreit wurde, hatte sich die Welt noch kein Bild von den Verbrechen des nationalsozialistischen Staates gemacht. Man wusste, dass es Konzentrationslager gab, aber wie sie aussahen, das wusste man nicht. Buchenwald war das erste Lager, das nicht von der SS geräumt worden war, als die Soldaten der US- Armee es betraten. Es war ein Schock. Das, was sie sahen, war jenseits aller Erwartungen. Auch die abgebrühtesten Frontsoldaten waren fassungslos. „Nichts hat mich je so erschüttert wie dieser Anblick“, schrieb später General Eisenhower, der Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte, in seinen Memoiren.
Bereits drei Tage nach der Befreiung erreichten die ersten Fotografen der Signal Corps das Lager und begannen damit, die Zustände für die US- Armee zu dokumentieren. Aber sie waren nicht die einzigen, die fotografierten. Auch die akkreditierten Fotografen der Zeitschriften und Nachrichtenagenturen kamen spätestens am 16. April nach Buchenwald, jenem Tag, an dem auch über tausend Weimarer Bürger das Lager besichtigen mussten.
Für alle – professionelle Fotografen und gemeine Soldaten, die ebenfalls Aufnahmen machten - waren die Fotos ein Weg, das Unglaubliche zu glauben. Der Welt – und sich – wollten sie beweisen, dass das, was sie sahen, tatsächlich geschehen war. Der emotionale Appell „Believe it“, mit dem die Fotoreporterin Lee Miller ihren Artikel in der VOGUE überschrieb, einte sie alle, auch die befreiten Häftlinge, die ebenfalls – und doch ganz anders – Buchenwald fotografierten, jetzt, als sie es konnten.
Viele Bilder, die in diesen ein, zwei Wochen gemacht wurden, verschwanden in den Archiven der zuständigen Behörden, einige US- Soldaten entwickelten jahrzehntelang nicht ihre Filme, da sie im nachhinein nicht mehr an den Schock, den sie in Buchenwald erfahren hatten, erinnert werden wollten.
Andere Bilder gingen um die Welt. Sie zerstörten die Skepsis über angebliche Greuelpropaganda und wurden zu Ikonen für die NS-Verbrechen. Es bildete sich ein Bilderkanon heraus, der immer wieder – zumeist in immer schlechteren Reproduktionen – gezeigt wurde, und von dem man annahm, dass er Buchenwald angemessen repräsentiere. Das Wissen, von wem, mit welchem Hintergrund und mit welcher Absicht die Fotos gemacht worden waren, ging jedoch verloren. Zunehmend wurden die Aufnahmen zu Symbolen, die sowohl von dem Ereignis, das sie abbilden sollten, als auch vom Zusammenhang ihrer Entstehung abgekoppelt waren.
Die Ausstellung präsentiert über hundert Fotografien – auch solche, die bisher noch nie öffentlich gezeigt wurden. Erstmals sind sie nicht nur im Großformat – soweit möglich als Originalabzug – zu sehen, sondern auch im Zusammenhang ihrer Entstehung. Die verschiedenen Perspektiven der Fotografen, die sich in ihren Aufnahmen widerspiegeln, werden sichtbar: Während der eine akkreditierte Korrespondent versucht, das Lager nüchtern zu dokumentieren, sucht ein anderer nach Möglichkeiten, Buchenwald symbolisch zu verdichten, ein dritter nutzt gar den eigenen Voyeurismus, um möglichst spektakuläre Aufnahmen zu inszenieren; ein Arzt dokumentiert die medizinischen Verhältnisse, ein Gl macht Schnappschüsse fürs Familienalbum; ein ehemaliger politischer Häftling versucht , in seinen Aufnahmen den Widerstand im Lager zu dokumentieren, ein anderer das luxuriöse Leben der SS.
Was sie eint, ist das Ringen um einen Blick auch Buchenwald, der nicht verstellt, sondern sichtbar macht.
In der Ausstellung werden Fotografien präsentiert von:
Eberhard Leitner, ehem. politischer Häftling
Alfred Stüber, ehem. Häftling (Zeuge Jehovas)
Jacques Rancy, ehem. französischer Häftling
Eric Schwab, Fotograf für die französische Nachrichtenagentur AFP
Margaret Bourke - White, Korrespondentin für das amerikanische Magazin LIFE
Lee Miller, Korrespondentin für das britisch- amerikanische Magazin VOGUE
H. Miller, Private, 166th Signal Photo Company
Walter Chichersky, Pfc, 166th Signal Photo Company
Donald R. Ornitz, Pfc, 166th Signal Photo Company
Dr. Rex L. Diveley, Colonel, Chef des Rehabilitation Service der US Army
sowie private Aufnahmen der US-Soldaten
William Burt, Francis Killin, Victor Pasca und Hugh Steffy.